Aktuelles

20. April 2023

Verlässliche Kraftstoffverbrauchsmessungen im maritimen Sektor

Im Bestreben das maritime Transportwesen zu dekarbonisieren, wurden diesbezüglich in den letzten Jahren auf internationaler wie europäischer Ebene verschiedenste Maßnahmen beschlossen. Neben der im Jahr 2018 verabschiedeten MRV-Regelung (Monitoring, Reporting, Verification) gelten seit Anfang 2023 zwei neue Regelungen, die den Energieeffizienzindex für vorhandene Schiffe (EEXI) und den Kohlenstoffintensitätsindikator (CII) betreffen. Während sich der EEXI sich auf die Konstruktion des Schiffes bezieht, umfasst der CII die Erfassung der tatsächlich ausgestoßenen CO2-Emissionen, beginnend für in Verkehr befindliche Schiffe mit einer Bruttoraumzahl von 5.000 BRZ und mehr. In einer fünfstufigen Skala von „A“ bis „E“ wird ermittelt, wie sauber ein Schiff in den vergangenen 12 Monaten betrieben wurde. Ggf. ist ein Maßnahmenkatalog zur CO2-Reduzierung zu erstellen, um mindestens die Bewertung „C“ zu erreichen. Der CII wird wesentlich durch die verwendete Kraftstoffart, die Schiffseffizienz, Betriebsparameter wie Schiffsgeschwindigkeit, beförderte Ladung, Wetterbedingungen und den allgemeinen Schiffszustand beeinflusst. Die einfachste Lösung, Kraftstoff einzusparen und die Emissionsklasse zu halten, besteht darin, die Schiffsgeschwindigkeit zu reduzieren. Allerdings funktioniert diese Lösung nur kurzfristig und bringt andere Nachteile hinsichtlich der Transportleistung mit sich.

Ab dem Jahr 2024 greift zudem der CO2-Emissionshandel: Das europäische Emissionshandelssystem (ETS) wird zunächst für Schiffe über 5.000 BRZ gelten, die Fracht oder Fahrgäste zu gewerblichen Zwecken befördern. Die Emissionen werden über das bereits bestehende MRV-System der EU gemeldet. Als Bemessungsgröße für die Emissionen werden die Bunkerverbräuche herangezogen, die, multipliziert mit dem CO2-Faktor des Kraftstoffes, die zu kompensierende Menge CO2 ergeben. Hieraus ergeben sich für die Schifffahrt Anreize, mittels schiffs- und antriebsspezifischer Maßnahmen die Gesamteffizienz im operativen Betrieb, insbesondere auch durch Nutzung von Digitalisierungspotenzialen zu optimieren und erneuerbare Energieträger zu verwenden. Durch eine Begleitung mit geeigneter Messtechnik lassen sich Maßnahmen datengetrieben planen und ihre Wirksamkeit verlässlich überprüfen.

Die mit dem Kraftstoffverbrauchswert einhergehende Messunsicherheit wirkt sich auch auf den ermittelten CII aus, d. h. mit welcher Sicherheit ein Schiff in einer Bewertungsklasse liegt. Im „Guidance/Best practices document on monitoring and reporting of fuel consumption, CO2 emissions and other relevant parameters pursuant to Regulation 2015/757 on monitoring, reporting and verification emissions from maritime transport” [1] sind Hinweise zur Bestimmung von Gesamtmessunsicherheiten sowie ein Vorgabewert von 10 % für die Gesamtmessunsicherheit der Kraftstofferfassung enthalten. Für einen belastbaren CII ist dieser Standardwert in der Regel zu hoch. Gleiches gilt für den Nachweis einer Verbrauchsreduktion, da die Messung eine Größenordnung besser als die angestrebte Verbesserung sein muss.

Energieverbrauchsinformationen für die realen Gegebenheiten werden auch für ein effizientes Energiemanagement eines Schiffes benötigt. Diese können beispielsweise über ein Decision Support System, in das u. a. technische Daten eingehen, generiert werden. Mittels Online-Simulationen kann die Schiffsführung dann in ihren Entscheidungen unterstützt werden. Auch hier gilt, dass Modelle und hieraus resultierende Prognosen nicht besser sein können als die Daten, auf denen sie basieren oder die zu ihrer Überprüfung genutzt wurden. Das heißt, auch hier sind verlässliche Kraftstoffverbrauchsdaten erforderlich.

Um den Motorbetrieb für die Verwendung von e-Fuels - in Reinform oder als Blend – zu optimieren, muss bekannt sein, wie sich deren Dichte und Viskosität mit Druck und Temperatur ändern. Eine einfache formelmäßige Beschreibung gibt es nur, wenn keine Wechselwirkungen zwischen Gemischkomponenten auftreten. Eine veränderte Mediumsdichte wirkt sich auch in der Kraftstoffverbrauchsermittlung aus und kann bereits in einer Fehlbestimmung von mehreren Prozent münden.

Aus metrologischer Sichtweise soll, im Sinne der Aufgabenstellung, das EMPIR-Forschungsprojekt „Sustainable advanced flow meter calibration for the transport sector“ (20IND13) unterstützen.

Eine Steigerung der Schiffseffizienz, im Sinne der Gesetzgebung und im Interesse von Betreibern, verlangt eine belastbare Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs. Die Ergebnisse des Forschungsprojekts werden beitragen, geeignete Leistungsüberwachungssysteme im Schiffsbetrieb aufzusetzen.
 

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Autor:innen

Dr. Corinna Kroner, Physikalisch-Technische Bundesanstalt
Manfred E. Werner, IB-HAWE

 

Danksagung

Dieses Projekt (EMPIR JRP 20IND13 SAFEST) wird aus dem EMPIR-Programm, das von den teilnehmenden Staaten kofinanziert wird, und aus dem Forschungs- und Innovationsprogramm Horizont 2020 der Europäischen Union finanziert.

 

Referenz

[1]

climate.ec.europa.eu/system/files/2017-07/02_guidance_monitoring_reporting_parameters_en.pdf

, Zugriff 25.01.2023

 

Glossar

CII              

Carbon Intensity Indicator

EEXI           

Energy Efficiency eXisting ship Index

EMPIR        

European Metrology Program for Innovation and Research

ETS            

Emissions Trading System

EU              

European Union

EUA            

European Allowances

EURAMET  

European Association of National Metrology Institutes

MRV           

Monitoring, Reporting and Verification